Haftung des Geschäftsführers

Verfahrensrecht

Der Geschäftsführer einer GmbH kann sich gegenüber der Haftungsinanspruchnahme nicht darauf berufen, dass er aufgrund seiner persönlichen Fähigkeiten nicht in der Lage gewesen sei, den Aufgaben eines Geschäftsführers nachzukommen.

Klaus Kungel (K) war alleiniger Geschäftsführer einer GmbH. Faktischer Geschäftsführer war allerdings der Sohn von Klaus, der formal als Prokurist der GmbH angestellt war. 

Im Rahmen einer Fahndungsprüfung kam das Finanzamt zu dem Ergebnis, dass Klaus und sein Sohn Umsatzsteuer, Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer verkürzt hatten. Klaus hatte geduldet, dass sein Sohn 67 Scheinrechnungen nicht existierender Firmen und 34 beleglose Buchungen für angebliche Wareneinkäufe und Fremdleistungen in die Buchführung der GmbH eingestellt und zur Grundlage der jeweiligen Steuererklärungen gemacht habe. Tatsächlich haben diesen Rechnungen jedoch keine realen Leistungen zugrunde gelegen.

Das Finanzamt erließ am 30.04.2012 entsprechende Änderungsbescheide gegenüber der GmbH. Diese wurden nicht angefochten und sind damit bestandskräftig geworden. Im Jahr 2014 nahm das Finanzamt Klaus wegen Steuerschulden der GmbH für 2005 bis 2012 nach §§ 191, 69, 71 und 370 AO in Haftung. Das Finanzgericht bestätigte die Haftung von Klaus und wies dessen Klage gegen den Haftungsbescheid ab. Im Rahmen der Revision griff Klaus die Haftungsinanspruchnahme sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach an. Er trägt insbesondere vor, dass er aufgrund seiner persönlichen Fähigkeiten nicht in der Lage gewesen sei, den Aufgaben eines Geschäftsführers nachzukommen.

Klaus war als Geschäftsführer einer GmbH nicht verpflichtet, die steuerlichen Angelegenheiten der GmbH selbst zu erledigen. Er kann die steuerlichen Angelegenheiten der GmbH durchaus Hilfspersonen übertragen. Er bleibt jedoch verpflichtet, diese sorgfältig auszuwählen und laufend zu überwachen. Mangelhafte Überwachung der zur Pflichterfüllung herangezogenen Personen ist regelmäßig als grob fahrlässige Pflichtverletzung ("Überwachungsverschulden") zu werten. 

Auf das eigene Unvermögen, den Aufgaben eines Geschäftsführers nachzukommen, kann sich dabei niemand berufen. Wer den Anforderungen an einen gewissenhaften Geschäftsführer nicht entsprechen kann, muss von der Übernahme des Geschäftsführeramtes absehen bzw. dieses Amt niederlegen.

Klaus hat mindestens grob fahrlässig und damit schuldhaft gehandelt. Die Inanspruchnahme von Klaus ist rechtens.

Fundstelle

BFH-Beschluss, 15.11.2022, VII R 23/19

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